Die Drapperie

Da mir die Sache mit dem Skulp­turen machen immer mehr Mühe bere­it­et, – ohne die küh­le Frische des Neuen zu spüren und ich müde bin, den steten Faden aus meinem Leib zu spin­nen, ja, deswe­gen sollte eine plas­tis­che Arbeit als Text und eben nur als Text Wirk­lichkeit wer­den. Ein Experiment.

Das al fres­co gefer­tigte Stück, umspielt von beglei­t­en­den Lin­ien, bis ins Kle­in­ste verästelt, legt im gotis­chen Kanon das Licht in For­men, die eine Span­nung bis in diese Details aufrecht erhält. Die im oben liegen­den Vier­tel geschnürte Draperie, gän­zlich den ver­hüll­ten Kör­p­er unbe­to­nend und gle­icher­maßen her­vorhebend, mit fast ganz glatt ges­pan­nten Kon­turen, in die Lin­ien leicht und dann deut­lich gebo­ge­nen mit den offe­nen Flächen wirken, ist Frag­ment ein­er in den Wirren der Ref­or­ma­tion zer­störten und nur in Teilen erhal­te­nen Figur.

Mit den Lin­ien und For­men spielt der einzig möglich gelegte Ver­lauf der Fasern im Holz, das in die Hände genom­men als zu leicht emp­fun­den, den geisti­gen Aspekt des Werks her­vorstellt und durch entsprechend handw­erk­liche Bear­beitung für das Über­dauern der Zeit geschaf­fen wurde. Gefasst mit Schlag­gold und kaseinge­bun­de­nen Pig­menten auf Krei­de­grund wider­ste­ht die Ober­fläche an weni­gen Bere­ichen den Berührun­gen, zeich­net ein Bild der bun­ten Frische und gibt für die weit aus der Zeit gefal­l­enen Skulp­tur die entschei­den­den Hin­weise, bezüglich der zug­dacht­en Epoche und für die weit­ere Aufk­lärung ein­er noch nicht voll­ständi­gen Prove­nienz. Wenn auch erst heute ver­fer­tigt, ver­mit­telt das Arte­fakt durch die bewußte und sachkundi­ge Aneig­nung stilis­tis­ch­er und for­maler Merk­male einen Blick auf die sakrale Skulp­tur des 11. Jahrhun­derts nördlich der Alpen, die als eine Mah­nung in den Raum gestellt, von der umfassenden Lösung aus dem materiellen Gewirk spricht.

Als Han­del­sob­jekt tax­iert, die Bil­dung und den ent­fes­sel­ten Geschmack repräsen­tierend, wird es seit seinem Erwerb durch einen unbe­nan­nten Samm­ler unter Ver­schluss gehal­ten. Wed­er Fotografien, noch Zeich­nun­gen kön­nen laut Vere­in­barung öffentlich wer­den. Bleiben diese, wenn auch unzulängliche ins Gewebe der Zeit gestick­ten Let­tern, als einziges Zeug­nis und Ret­tung vor dem Sturz ins Nichts.